
Skitourenguru im Portrait
Neuigkeiten von Skitourenguru
von Günter Schmudlach, 3. Februar 2025
Routen selber zeichnen
Seit November 2023 ist es in der Schweiz möglich, Routen selber zu zeichnen und diese im Verlauf anpassen zu lassen. Natürlich berechnet Skitourenguru für deine gezeichnete Route auch das Lawinenrisiko (grün, orange und rot). Dabei bist du in der Wahl des angenommenen Lawinenbulletins frei. Im letzten Jahr haben Andi Eisenhut und Günter Schmudlach den Algorithmus komplett überarbeitet und die Verfügbarkeit auf den ganzen Alpenraum ausgeweitet. Das Tool eignet sich für die folgenden fünf Szenarien:
- Automatische «Korrektur» einer von Hand eingegebenen Route.
- Was geschieht mit dem Risiko-Indikator (grün, orange, rot), wenn ich das Lawinenbulletin verändere (Gefahrenstufe, kritische Höhen und Expositionen)?
- Bewertung eines GPS-Tracks nach der Skitour mit einem frei wählbaren Lawinenbulletin.
- Freisuche eine Route: Ähnlich einem Navi kann der Algorithmus vollautomatisch eine Route zwischen einem beliebigen Start- und Endpunkt zeichnen (siehe Bild unten).
- Es ist auch möglich eine der ca. 10'000 Standardrouten von Skitourenguru in ihrem Verlauf zu verändern und dadurch die Folgen für den Risiko-Indikator zu untersuchen (Mit Routen experimentieren).

Der hinter diesem Feature stehende Algorithmus wurde im letzten Herbst am International Snow Science Workshop (ISSW) in Tromsø (Norwegen) der Wissenschafts-Community vorgestellt. Das entsprechende Paper steht in Deutsch oder Englisch zur Verfügung. Ebenso der Vortrag auf Englisch.
Zugegeben, die grosse Mehrheit der Benutzer:innen ist vermutlich mit den Standardrouten auf Skitourenguru bedient. Für Benutzer:innen, die sich aber vertieft mit einer konkreten Route auseinandersetzten wollen, öffnet sich hier eine Spielwiese mit grossem Potential.
Das neue Feature wird wie alle Features auf Skitourenguru gratis und ohne lästige Hürden der Skitouren-Community zur Verfügung gestellt. Hier geht es zum Tool: Routen selber zeichnen.
Skitourenguru mit einem neuen Herz
Hinter dem auf Skitourenguru publizierten Risiko-Indikatoren (grün, orange, rot) steckt ein Algorithmus mit einer zehnjährigen Geschichte. Grundsätzlich berechnet Skitourenguru das Lawinenrisiko, indem Information aus dem Gelände mit Informationen aus dem Lawinenbulletin verknüpft werden. In den ersten Jahren hat sich Skitourenguru dabei auf die Graphische Reduktionsmethode (GRM) gestützt. Im Jahre 2018 wurde diese jedoch von der Quantitativen Reduktionsmethode (QRM) abgelöst. Kurz darauf hat ein hochkarätiges Team rund um Skitourenguru mit der Entwicklung eines Nachfolger (SLABS) begonnen. Im März 2024 wurde dazu in einem renommierten Journal (Cold Regions Science and Technology) ein peer-reviewed Paper publiziert: Degraeuwe at al. (2024): SLABS - An improved probabilistic method to assess the avalanche risk on backcountry ski tours.
Seit November 2024 basieren die auf Skitourenguru berechneten Risiko-Indikatoren auf SLABS. Dieses Modell wurde erstmals konsequent mit Hilfe von Unfall- und Nichtunfalldaten trainiert. Dadurch steigt die Qualität der Risiko-Indikatoren. Für die Nutzung des Tools hat dies ansonsten keine weiteren Auswirkungen. Es ergeben sich aus dieser Arbeit jedoch ein paar Erkenntnisse, die für unser Verständnis von Lawinen relevant sind:
- Das Risiko steigt von Gefahrenstufe zu Gefahrenstufe um ca. einen Faktor 4. Werner Munter ist noch von einer Verdoppelung ausgegangen.
- Wenn ich im Gelände der Neigung 35° statt 30° unterwegs bin, steigt das Risiko ebenfalls in etwa um einen Faktor 4. Steigt die Gefahrenstufe von 2-Mässig auf 3-Erheblich, dann kann ich den Risikoanstieg kompensieren, indem ich auf 5° Neigung verzichte. Diese Regel gilt in einem Bereich von 25°-40°.
- Das Risiko steigt markant mit der absoluten Höhe über Meer: Je höher, desto gefährlicher!
- Die kritischen Expositionen (z.B. Sektor Nord) gemäss Lawinenbulletin spielen eine eher untergeordnete Rolle.
Letztendlich stützt sich aber auch SLABS immer noch auf das Lawinenbulletin. Dieses kann die Verhältnisse im Einzelhang nur beschränkt wiedergeben. Deshalb bist du gefordert im Einzelhang eine eigenverantwortliche Einzelhangbeurteilung zu unternehmen. Keine leichte Sache, auch nicht für ausgewiesene Lawinenexperten.
Mehr zum Thema SLABS erfährst du in einem deutschsprachigen Artikel von bergundsteigen: SLABS - Ein Modell zur Beurteilung des Lawinenrisikos (1/2025).
Was bringt uns die Zukunft
Ob es uns gefällt oder missfällt, die technologische Entwicklung geht unaufhaltsam ihren Gang. Kein Tag ohne eine bahnbrechende Entwicklung im Bereich der sogenannten «künstlichen Intelligenz». Das SLF arbeitet mit Volldampf an der automatisierten Erzeugung des Lawinenbulletins. Bei Skitourenguru stehen die folgenden Arbeiten auf dem Programm:
- Ein neues Frontend (WebApp), das die Fusion der fünf Grossregionen zu einem grenzenlosen Alpenraum zum Ziel hat.
- Eine vollautomatische gerechnete Skitourenkarte für den ganzen Alpenraum.
- Viele neue Routen im ganzen Alpenraum.
Diese Entwicklungen werden einen Einfluss auf unseren geliebten Skitourensport ausüben. Es bleibt spannend, lassen wir uns überraschen, wohin die Reise geht.
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