Abenteuer in den Zillertaler Alpen
Zum ersten Mal hat eine Gruppe von bergpunkt die Zillertaler Alpen durchquert. Bis zum erklärten Ziel Wien fehlen nun noch vier Tourenwochen. Es war eine besondere Woche und als bergpunkt-Mitbegründer Michael Wicky zurück zu Hause war, hatten Freunde und Familie ein paar Fragen. Wir fassen zusammen...
Michael, was war nun das wirklich Besondere an der Zillertaler Alpenüberquerung?
Dass es endlich geklappt hat! Wir von bergpunkt haben diese Woche schon mehrmals versucht durchzuführen. Immer wieder war die Route vom Brennerpass ins Tuxer Skigebiet und weiter nach Arnthal geplant. Mangels bewirtschafteter Hütten waren die Etappen sehr lang und anspruchsvoll. Das machte die Durchführung schwieriger.
Bisher hat es nie geklappt?
Nein. Im Weg standen immer das Wetter oder die Schneeverhältnisse. Dieses Jahr haben wir eine andere Route südlich des Alpenkamms geplant... und nun klappte es!
Wie waren die Bedingungen auf dieser Tour?
Katastrophal! Kurz vor dem Start brachte ein Genuatief viel Feuchtigkeit gegen die Alpen. Wegen der Schneemassen wurde der Bernnerpass einen Tag vor unserer Ankunft gesperrt. Auf unserer Route fiel etwa ein Meter Schnee, der meiste davon zum Glück vor unserer Ankunft. An den ersten beiden Tagen war es zudem sehr windig. Aber danach setzte sich der Schnee mit der Wärme sehr gut. Immerhin. Denn Sonne hatten wir kaum und auf jedem Pass steckten wir im Nebel. Doch das ist Teil des Abenteuers – solange die Sicherheit dies zulässt.
Wäre es nicht besser gewesen, eine andere Tour zu planen?
Vor der Tour war ich kurz davor, umzuplanen. Aber als ich mich endgültig entscheiden musste, sah es noch nach viel weniger Neuschnee aus. Die angepasste Route machte den Start möglich: Bis auf die erste Nacht haben wir immer in Tälern in Gasthäusern geschlafen und die ersten Übergänge waren mit 2400 Metern Höhe auch nicht allzu hoch. Meistens war der Lawinenlagebericht erst ab 2400m «erheblich». War eine Etappe nicht machbar, konnten wir mit dem Taxi aus dem Tal raus und ins nächste wieder hinein fahren. Das war einmal nötig. So haben wir uns durchgeschlängelt. Denn wollen wir nach Wien, müssen wir auch irgendwie vorankommen.
Was war für dich das beeindruckendste Erlebnis?
Für mich war es insgesamt ein grosses Abenteuer. Brichst du bei solchen Wetterverhältnissen in ein unbekanntes Gebiet auf, gibt es viele Fragezeichen. Und wenn es dann am Schluss so gut läuft und alle Tourentage mit genügend Reserven machbar und die Gäste glücklich sind, gibt mir das eine sehr grosse Befriedigung. Als wir am zweiten Tag im Sturm am ersten Pass ankamen und ich sah, dass die Abfahrt auf der anderen Seite möglich war, war das für mich ein erstes Highlight. Die Abfahrt, die ich auf schlechten Karten und mit Satellitenbildern geplant hatte, klappte dann perfekt. Im Wald war der Schnee sehr tief und als wir im Tal ankamen, schien für kurze Zeit sogar die Sonne.
Welcher Tag war für die Gäste am schönsten?
Ich glaube, der vorletzte Tag war etwas ganz Besonderes. Als wir abends in Rein im Hotel eincheckten, sagte der Wirt: «Ihr wisst doch, dass das Tal, durch das ihr morgen aufsteigen wollt, wegen hoher Lawinengefahr gesperrt ist?» Das kam mir komisch vor, denn der Lawinenlagebericht war auf Stufe 2, mässig, gesunken. Trotzdem begann ich eine Alternative zu planen. Doch um 20 Uhr bekamen wir grünes Licht. Wir konnten die Tour wie geplant starten. Sie führte durch besagtes Tal nach Osten und über einen ersten Pass nach Österreich ins Arvental. Dort schien die Sonne, so dass wir im T-Shirt aufstiegen. Ausserdem konnten wir zwei grosse Herden Gämsen beobachten. Das war wirklich schön.
Wie habt ihr Land und Leute erlebt?
Die Wirte und Taxifahrer waren durchwegs spannende, interessante und lustige Menschen. Sie haben es verstanden, uns zu unterhalten und uns die Südtiroler Kultur näher zu bringen. Wir waren begeistert von der Gastronomie, der Gastfreundschaft und Wärme, die uns die Menschen entgegengebracht haben. Ich glaube, der eine oder andere von uns wird wieder einmal in dieser Gegend Ferien machen!
Wie geht es jetzt weiter?
Es fehlen noch vier Etappen, sprich Tourenwochen, bis Wien. Nächstes Jahr steht Hochtirol auf dem Programm. Wir werden den 3658m hohen Grossvenediger überschreiten. Dann werden wir die Hohen Tauern traversieren und weiter vom Dachstein ins Gesäuse ziehen. Im letzten Jahr dann locken noch die schneebedeckten 2000er vor Wien.
Seid ihr eine feste Gruppe oder nehmt ihr auch neue Leute auf?
Es gibt einen harten Kern, der seit dem Start in Nizza mit dabei ist. Aber einzelne Plätze sind immer frei. Wichtig ist, dass jemand im Skitourengehen erfahren ist und Aufsteige mit 1500 Höhenmetern kein Problem sind. Besonders freue ich mich darauf, mit Emanuel Wassermann – wir haben zusammen bergpunkt gegründet – kommenden Winter eine weitere Etappe zu leiten.
Hast du Lust bekommen und möchtest bei einer oder mehreren Etappen der TransalpSki dabei sein? Hier findest du die Karte und die nächsten geführten Etappen der TransalpSki.
Bilder: Christian Jaeggi
Das Buch zur Tour: Sylvain Tesson verarbeitet literarisch seine Transalp-Skitour, die er in Begleitung eines Bergführers unternimmt. Er ist in den Wintern 2017 bis 2000 unterwegs und tourt von Menton in Frankreich nach Triest in Italien. Mehr dazu.