Lawinengefahr auf Schneeschuhtouren
Kompaktes Wissen zum Thema
Schneeschuhtouren erfreuen sich immer grösserer Beliebtheit. Nicht erst seit der Corona-Pandemie verspüren auch im Winter nicht nur Outdoorbegeisterten das Bedürfnis, sich an der frischen Luft zu bewegen. Und immer mehr Menschen möchten dabei abseits der Menge unterwegs sein. Nicht nur für Personen, die nicht oder nicht gut genug Ski fahren, bieten sich Schneeschuhtouren deshalb als attraktive Aktivität an. Es ist ein leicht zugänglicher Wintersport, weil es – ausser Schneeschuhen und Stöcken – einzig feste Wanderschuhe und wettertaugliche Kleidung braucht. Oder braucht es doch mehr? Etwa Lawinenausrüstung? Hier ein Input zum Thema.
Die Fakten sind eindeutig: Jedes Jahr sterben durchschnittlich zwei Schneeschuhgänger*innen in Lawinen, so der Bericht «Tödliche Sportunfälle 2000-2019» der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU). Sobald man bei Schnee im freien Gelände abseits der gesicherten Wege und Pisten unterwegs ist, besteht potenziell Lawinengefahr. Im Sommer völlig harmlose Wanderwege können im Winter lawinengefährdet sein. Dies gilt auch unterhalb der Baumgrenze; jeden Winter gibt es zahlreiche Lawinen, die sich einen Weg bis tief in den Bergwald hinein bahnen. Auch eine vorhandene Spur bedeutet nicht, dass die Route vor Lawinen sicher ist. Immer wieder passieren Lawinenunfälle genau dort, wo bereits eine Spur vorhanden ist.
Auch mit den Schneeschuhen ist man rasch in steileren Hängen unterwegs
Die für Tourengeher*innen so gefährlichen Schneebrettlawinen können erst ab einer Hangneigung von 30 Grad ausgelöst werden. Ein Schneeschuhwanderer ist zwar oft in weniger steilem Gelände unterwegs, doch auch mit den Schneeschuhen ist ein Abstieg durch einen etwas steileren Pulverhang ein Genuss. Ausserdem gefährden manchmal steilere Hänge oberhalb der sonst flacheren Route die Wintersportler*innen. Und wer schon mal selbstständig in frisch verschneitem, unverspurtem Gelände unterwegs war, weiss: Es ist nicht immer einfach, auf der geplanten Route zu bleiben. Vor allem wenn Nebel oder Schneefall die Sicht reduzieren, gelangt man mit einem Mal ungewollt in steilere Hänge.
Lawinenausrüstung ist wie der Sicherheitsgurt im Auto: besser immer verwenden
Es ist aus oben genannten Gründen empfehlenswert, die Lawinenausrüstung bereits bei einfacheren Schneeschuhtouren standardmässig mit sich zu tragen, genau wie man auch im Auto immer den Sicherheitsgurt trägt. Zu dieser Lawinenausrüstung gehören neben dem Lawinenverschüttetensuchgeräts (LVS) auch ein Schaufel und eine Sonde, damit eine verschüttete Person rasch geordet und aus den Schneemassen befreit werden kann. Auch wenn Lawinenunfälle auf Schneeschuhtouren seltener sind als auf Skitouren: Die Wahrscheinlichkeit einer raschen Rettung und damit die Überlebenschancen des Verschütteten werden dank der Lawinenausrüstung drastisch erhöht. Es spricht für sich, dass man sich vor der Tour mit der Funktionalität des LVS, der Sonde und der Schaufel vertraut machen muss. Auch wenn die modernen Geräte sehr benutzerfreundlich sind, empfehlen wir dringend, deren Einsatz unter fachkundiger Anleitung zu üben – damit im Ernstfall eine effiziente Suche möglich wird.
Mit Vorbereitung und Erfahrung kann man Lawinengefahr frühzeitig erkennen
Es ist bei Wintertouren wichtig, sich der Lawinengefahr bewusst zu sein, vor der Tour Infos zu Lawinengefahr und Wetter einzuholen und das Unternehmen entsprechend zu planen. Vor der Tour muss die Route gut analysiert und auf Gefahrenstellen hin geprüft werden. Im Gelände soll man die lawinenrelevanten Beobachtungen machen und sich den Verhältnissen entsprechend verhalten. Dazu ist Erfahrung in der Beurteilung der Lawinengefahr notwendig. Am besten ist, am Anfang der Bergkarriere einen Lawinenkurs zu besuchen und erst danach eigenverantwortliche Touren zu unternehmen. Oder aber sich einer professionell geführten Gruppe anzuschliessen: Neben der Sicherheit sind dann auch gute Gesellschaft und ein ganzheitliches Wintervergnügen garantiert!
Text: Léonie van de Vijfeijken, Wanderleiterin bergpunkt